Lewis Trondheim

Jurybegründung
Cornelia Krutz-Arnold hat seit Beginn der 80er Jahre über 150 Bücher aus Australien, England, Kanada, Neuseeland und den USA übersetzt und damit die deutsche Leserschaft auf die Vielfalt und den Reichtum der modernen englischsprachigen Kinder- und Jugendliteratur aufmerksam gemacht.
Das von ihr übersetzte Gattungsspektrum umfasst u.a. humoristische Kinderbücher, Science Fiction-Romane, autobiografische Romane, Thriller und Adoleszenzromane. Die Fülle ihrer sprachlichen Möglichkeiten zeigt sich nicht nur in der sachlich-nüchternen Darstellung in Joan Lingards Jugendromanen, dem Humor in Dick King-Smiths und Robin Kingslands Werken, sondern auch in der adäquaten Wiedergabe der lyrischen Stimmung in Patricia MacLachlans preisgekrönten Büchern. Souverän vermittelt sie die sprachliche Komplexität der fantastischen Romane von Tim Bowler und Sylvia Waugh ebenso wie die psychologische Dichte in den Werken Paula Fox' und Janni Howkers. Dabei versteht sie es, bis ins kleinste Detail verschiedene Sprechweisen und Stile zu erfassen. Die Treffsicherheit ihrer Übersetzungen von Jugendsprache, Idiolekten und umgangssprachlichen Äußerungen zeugt von ihrem intensiven Bemühen, die Originalität und Frische der Texte zu wahren und den Lesern einen Eindruck von der Qualität der Vorlagen zu verschaffen. Auch im Vergleich zu bereits vorliegenden Übersetzungen des Klassikers Der kleine Lord (1886) von Frances Hodgson Burnett ist es ihr gelungen, die hintergründige Ironie und den subtilen Humor in einer stilistisch klaren Übersetzung zu erfassen, die dem Original ebenbürtig ist. Meisterhaft hat sie die filmische Erzählweise, die Symbolkraft der Bilder und Szenen sowie die düster-bedrohliche Atmosphäre in Robert Cormiers Romanen eingefangen und einem der bedeutendsten Jugendautoren des 20. Jahrhunderts in Deutschland eine Stimme verliehen. Doch Cornelia Krutz-Arnold überzeugt nicht nur durch ihre ungewöhnliche sprachliche Leistung, sondern auch durch ihr Gespür für die Fremdheit der dargestellten Lebens- und Gesellschaftsformen. Sie hat häufig Fußnoten und Anmerkungen eingefügt, die für das Verständnis des Textes notwendige Informationen enthalten: Wissen über historisch-politische Sachverhalte, Erläuterungen über Wort-spiele, nationale Gerichte und Sportarten oder Beschreibungen von gesellschaftlichen Ritualen. Dieses konsequent angewandte Verfahren ist auf dem Gebiet der kinderliterarischen Übersetzung eher ungewöhnlich. Es erleichtert deutschen Lesern den Zugang zu fremden Verhaltensweisen und Kulturen, die in der uns angeblich so vertrauten englischsprachigen Literatur thematisiert werden, etwa in Helen Kims autobiografischem Roman Die Zeit des langen Regens (1996) oder in Wir Goonyas, ihr Nungas (1998) von Phillip Gwynne.
Mit ihrem umfangreichen Gesamtwerk niveauvoller Übersetzungen, die sich sowohl durch sprachliche und ästhetische Qualität auszeichnen als auch in Deutschland noch wenig bekannte Literaturen und Kulturen erschließen, hat Cornelia Krutz-Arnold einen herausragenden Beitrag für eine zukünftige "neue Weltliteratur" für Kinder geleistet.
Sonderpreisjury 2002
Birgitta Kicherer
PD Dr. Bettina Kümmerling-Meibauer
Dr. Joachim Schultz