Volker Pfüller

Personenfoto: Volker Pfüller

Volker Pfüller, 1939 in Leipzig geboren, studierte von 1958-65 Kunst und Grafik in Ostberlin und begann gegen Ende der 1960er Jahre, kinder- und jugendliterarische Texte zu illustrieren. Ab 1987 illustrierte er auch eigene Verse in seinen Bilderbüchern. Heute lebt der 80-jährige Künstler in Berlin. Er wurde 2019 mit dem Sonderpreis Gesamtwerk Illustration ausgezeichnet. Am 23. Oktober 2020 ist Volker Pfüller im Alter von 81 Jahren verstorben.

Jurybegründung

Volker Pfüller, 1939 in Leipzig geboren, hat nach entsprechendem Hochschulstudium in der DDR gegen Ende der 1960er Jahre kinder- und jugendliterarische Texte zu illustrieren begonnen. Unter der kulturpolitischen Vorgabe des sozialistischen Realismus entwickelte Pfüller einen eigenen, nicht auf Gefälliges schielenden, ins Plakative gehenden Stil, der sich dank seinem Gespür für das Skurrile zu ausdrucksstarker Figurenzeichnung verdichtete, mit deutlicher Nähe zur Karikatur. In Farbgebung und Form knüpfte Pfüller hierbei an die künstlerische Avantgarde der 1920er Jahre an, mit eigener Pointierung.[i] Federzeichnungen und in aufwändiger Technik hergestellte Offsetlithografie zählen zu seinen künstlerisch herausragenden Markenzeichen.

Eine vereinfachende, verniedlichende Darstellung findet man auch in den Bilderbüchern nicht, die Pfüller ab den 1980er Jahren beim Kinderbuchverlag Berlin gestalten durfte. Dass Kinder einen differenzierten Bildaufbau nicht verstünden, war nie seine Ansicht.[ii] Es ist daher nur folgerichtig, dass auch seine eigenen Bilderbücher (1987, 2000, 2002), mit hintersinnigen Versen von ihm selbst, Kinder als anspruchsvolle Gegenüber ernst nehmen.

Parallel zu seiner kinder- und jugendliterarischen Illustrationstätigkeit hat sich Volker Pfüller schon zu Vorwendezeiten nicht nur in der DDR, sondern auch in der BRD einen Namen als Bühnenbildner und Plakatkünstler gemacht. Als Lehrbeauftragter und später Professor an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee bildete er ab Mitte der 1970er Jahre bis in die frühe Nachwendezeit hinein junge Leute in Grafik, Bühnenbild und Szenografie aus.

„Schule“ im eigentlichen Wortsinn aber hat er spätestens ab Ende der 1990er Jahre als Professor für Illustration an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig gemacht. Hier belegten viele aktuell namhafte Illustratorinnen und Illustratoren seine Meisterklassen und nahmen seine expressive Art des Erzählens in die eigene Bildgestaltung von Bilderbüchern und Comics auf. Viele von ihnen sind heute selbst auf einer Professur in der Kunstausbildung tätig – in den alten ebenso wie in den neuen Bundesländern. Angesprochen auf seine Schule machende Lehrtätigkeit, äußerte sich Pfüller vor einigen Jahren so: „Ich denke, dass Zeichnen eine sehr unmittelbare Äußerung ist […]. Und ich habe praktisch erstens mal alles, was technisch damit zusammenhängt, versucht zu vermitteln. In der Weise, wie ich‘s für modern hielt. Und habe auch versucht zu vermitteln, wie man bei sich selber sozusagen Aktivitäten erzeugen kann. Dass man sich selber kennenlernt und dass man aus sich selber heraus schöpfen kann!“[iii]

Volker Pfüllers zeichnerisch versierter Stil und seine sichere Technik haben unverkennbar Spuren in der zeitgenössischen kinder- und jugendliterarischen Illustration hinterlassen – sowohl bei denjenigen, die effektiv seine Meisterklassen belegt haben und dort in ihrem künstlerischen Ausdruck persönlich von ihm gefördert wurden, als auch bei anderen, die aus der bloßen Anschauung seiner Figurengestaltung Anregung für die eigene künstlerische Praxis bezogen haben. Das Figurenrepertoire, das er entwickelt hat, zieht sich mit charakterstarken Köpfen durch sein gesamtes Werk durch. Künstlerisch hochwertig sind auch die von ihm gestalteten Vorsatzblätter – diese sind beachtlich spielerisch, schmuckvoll und ideenreich bereits zu einer Zeit, als man in Westdeutschland auf einen kunstvollen Vorsatz noch keinen großen Wert legte. Im internationalen Vergleich waren seine Illustrationen künstlerisch stets auf der Höhe der Zeit, teilweise dieser sogar avantgardistisch voraus; beispielsweise hat er bereits mit Comic-Elementen gearbeitet, als diese als US-amerikanischer Import in der DDR verpönt waren und auch in der BRD noch wenig geschätzt wurden.    

Dass die Sonderpreisverleihung für sein illustratorisches Gesamtwerk in das Jahr der Feier von Volker Pfüllers 80. Geburtstag fällt, ist uns eine besondere Freude. Wir gratulieren ihm von ganzem Herzen!

Sonderpreisjury 2019
Prof. Dr. Maria Linsmann-Dege
Prof. Dr. Gabriela Scherer (Vorsitzende)
Sarah Wildeisen

 

[i] So auch Kahlefendt, Nils: Leipziger Schule. Unterwegs in der Illustratoren-Szene der Buchstadt. Deutschlandfunk 12.03.2016; online unter: https://www.deutschlandfunk.de/leipziger-schule-unterwegs-in-der-illustratoren-szene-der.1202.de.html?dram:article_id=348232 (gesehen am 17.09.19).

[ii] Vgl. auch Bode, Andreas: Eintrag „Volker Pfüller“. In: Lexikon der Illustration im deutschsprachigen Raum seit 1945 (LdI), Nlfg.2, München: text+kritk, 2011, S.3.

[iii] Zit. nach Kahlefendt (s. Anm. ii).

Auszeichnung des Jugendliteraturpreises

Bücher

Bibliografie

Aderhold, Egon: Vater bekommt eine Eins. Berlin: Kinderbuchverlag 1990.
Buschmann, Wolfgang: Die Haselmaus ist nicht zu Haus. Berlin: Kinderbuchverlag 1982.
Hamilton, Virginia: Der Planet des Patrick Brown. Berlin: Kinderbuchverlag 1980.
Hurny, Albert: Krach mit Tante Rosi. Berlin: Kinderbuchverlag 1975.
Hüttner, Hannes: Der Zauberer Wizz. Computermärchen. Berlin: Junge Welt 1991.
Jandl, Ernst: Im Delikatessenladen. Für große und kleine Kinder. Berlin: Kinderbuchverlag 1988.
Kant, Uwe: Das Klassenfest. Berlin: Kinderbuchverlag 1969.
Kopácsy, Livia (Hrsg.)/Kahlau, Heinz (Nachdichtung): Ei, ei, Küchenmaus. Ungarische Kinderreime. Berlin: Kinderbuchverlag 1986.
Lüdemann, Hans-Ulrich: Die Patenjäger. Berlin: Kinderbuchverlag 1975.
Pawel, Henning: Joschkas Hund. Berlin: Kinderbuchverlag 1991.
Petri, Walther: Ein gelber Omnibus. Berlin: Kinderbuchverlag 1987.
Petri, Walther: König Edmund der Gefürchtete. Berlin: Altberliner Verlag 1991.
Pfüller, Volker: Ziegenbock im Bratenrock. Berlin: Aufbau 2000.
Reinke, Fred: Zar Wasserwirbel fährt Trabant. Ein Tag im Theater. Berlin: Junge Welt 1980.
Schwab, Gustav: Prometheus und andere griechische Sagen. Berlin: Kinderbuchverlag 1967.
Till, Wolfgang: Kasperlpuppen aus dem Münchner Puppentheatermuseum. Augsburg: Maro 1990.

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