Cover: The Road of the Dead 9783423712866

The Road of the Dead

Kevin Brooks (Text),
Uwe-Michael Gutzschhahn (Übersetzung)


dtv
ISBN: 978-3-423-71286-6
11,95 € (D)
Originalsprache: Englisch
Preisträger 2009, Kategorie: Jugendbuch
Ab 15 Jahren
Preisträger Jugendbuch

Jurybegründung

Die Frage nach Gerechtigkeit
„Einige Zeit später erwachte ich von dem Schmerz, mit dem ein gezacktes Messer mein Herz aufschlitzte, und ich wusste ohne jeden Zweifel, dass Rachel tot war.“ (S. 12)

Rachel, die ältere Schwester des 17-jährigen Cole und des 14-jährigen Ruben ist tot – vergewaltigt und brutal ermordet. Ihr Leichnam darf von der Familie erst beerdigt werden, wenn die Polizei ihn freigibt, der Fall gelöst ist. Aber darauf will Cole nicht warten und will den Mörder selbst finden. Cole ist ein umtriebiger Typ, immer unterwegs, um jemanden zu treffen, um irgendetwas zu organisieren. Er ist kein großer Redner, aber kaltblütig entschlossen, wenn es darum geht, die Dinge für sich zu regeln. Ruben, der sensible Ich-Erzähler dieses packenden Romans vermag nicht nur seine Umgebung äußerst genau und detailreich, sondern auch die Empfindungen anderer, vornehmlich ihm nahestehender, Menschen wahrzunehmen – auch über weite räumliche Strecken hinweg. Und so wurde er auch Rachels Tod gewahr, noch bevor die Polizei die Familie informierte. Zwei sehr gegensätzliche Brüder: „Mein Kopf arbeitet so wild wie bei ihm die Fäuste und meine Fäuste arbeiten so langsam wie bei ihm der Kopf.“ (S. 184). Und doch sind sie sehr miteinander verbunden.
Dazu braucht es keine großen Worte. Kurze, knappe Sätze mit den notwendigsten Informationen bestimmen die Kommunikation, ein Nicken, ein kurzer Blick. Man versteht sich auch so.
Rube und Cole erreichen gemeinsam den Tatort, ein von Korruption regiertes Dorf im düsteren Dartmoor, dessen Bewohner die Brüder mit Vorurteilen und Gewalt konfrontieren und dem grenzenlosen Begehren, diese eigene Ordnung mit Gewalt zu verteidigen. In seiner Grundstruktur wird Kevin Brooks’ Roman dadurch zu einem Western, in dem es um die verschlungenen Wege der Gerechtigkeit geht, um den Respekt gegenüber den Toten und vor allem um die Wiederherstellung der Ordnung durch Gewalt. Und wie im Western führt Coles Weg zur Restabilisierung seiner Welt geradewegs an Recht, an Rechtsprechung und an dem vorbei, was man im allgemeinen unter moralischem Handeln versteht. Ebenso wie die im Dorf von Grundstücksspekulanten geschaffene korrupte „Ordnung“.
Vor diesem Hintergrund wirft Brooks die Frage auf, inwieweit es denn legitim ist, zur Durchsetzung seiner moralischen Werte Gewalt einzusetzen. Klar, dass die Dorfbewohner im Unrecht sind, aber was ist mit Coles Ansinnen, unter allen Umständen den Mörder seiner Schwester zu finden – und sei es um den Preis, selbst zu morden? Wer sich seiner moralischen Integrität sicher zu sein glaubt, den zwingt die Geschichte, dieses theoretisch gefällte Urteil immer wieder an der Praxis zu messen und genauere und ehrlichere Antworten auf diese Frage zu finden.
Brooks erzählt die Geschichte von Rubens und Coles Ausfahrt auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Durch Rubens Augen und mit dessen Sprache formuliert Brooks für die albtraumartigen Kulisse des düsteren Dartmoor literarisch aufsehenerregende Beschreibungen von Landschaften, Menschen und Situationen in einer metaphorischen, alle Sinne beteiligende und fesselnden Sprache. Die zweite, die Handlungsebene des Romans ist Coles Domäne, in der unbeschreiblich gewalttätige Kämpfe vorherrschen. Brooks setzt wohl kalkulierte, scharfe Kontraste zwischen der bildreichen Sprache in den beschreibenden Passagen und den wortkargen und derben Dialogen und den Kampfszenen.
Spätestens hier wird deutlich, was der Übersetzer Uwe-Michael Gutzschhahn zur Preiswürdigkeit des Buches beiträgt. Denn Brooks’ sprachlich ausgefeiltes Konzept übersetzte er gekonnt und stimmig ins Deutsche. Bei der Schilderung der Kämpfe entfaltet Gutzschhahn eine Wucht, die ebenso erbarmungslos ist wie die dargestellt Gewalt; in den Beschreibungen schafft seine Sprache eine verhängnisvolle, düstere Spannung.
Ruben und Cole finden den Mörder ihrer Schwester – ihr Mord war tragischer Weise ein Versehen, eine Verwechslung. Der Preis ist hoch und die Frage nach seiner Legitimität werden sich die Leser, die sich einem solchen Roman zu stellen vermögen, noch lange nach der Lektüre dieser emotional, literarisch und moralisch herausfordernden Erzählung stellen.

Die Frage nach Gerechtigkeit
„Einige Zeit später erwachte ich von dem Schmerz, mit dem ein gezacktes Messer mein Herz aufschlitzte, und ich wusste ohne jeden Zweifel, dass Rachel tot war.“ (S. 12)

Rachel, die ältere Schwester des 17-jährigen Cole und des 14-jährigen Ruben ist tot – vergewaltigt und brutal ermordet. Ihr Leichnam darf von der Familie erst beerdigt werden, wenn die Polizei ihn freigibt, der Fall gelöst ist. Aber darauf will Cole nicht warten und will den Mörder selbst finden. Cole ist ein umtriebiger Typ, immer unterwegs, um jemanden zu treffen, um irgendetwas zu organisieren. Er ist kein großer Redner, aber kaltblütig entschlossen, wenn es darum geht, die Dinge für sich zu regeln. Ruben, der sensible Ich-Erzähler dieses packenden Romans vermag nicht nur seine Umgebung äußerst genau und detailreich, sondern auch die Empfindungen anderer, vornehmlich ihm nahestehender, Menschen wahrzunehmen – auch über weite räumliche Strecken hinweg. Und so wurde er auch Rachels Tod gewahr, noch bevor die Polizei die Familie informierte. Zwei sehr gegensätzliche Brüder: „Mein Kopf arbeitet so wild wie bei ihm die Fäuste und meine Fäuste arbeiten so langsam wie bei ihm der Kopf.“ (S. 184). Und doch sind sie sehr miteinander verbunden.
Dazu braucht es keine großen Worte. Kurze, knappe Sätze mit den notwendigsten Informationen bestimmen die Kommunikation, ein Nicken, ein kurzer Blick. Man versteht sich auch so.
Rube und Cole erreichen gemeinsam den Tatort, ein von Korruption regiertes Dorf im düsteren Dartmoor, dessen Bewohner die Brüder mit Vorurteilen und Gewalt konfrontieren und dem grenzenlosen Begehren, diese eigene Ordnung mit Gewalt zu verteidigen. In seiner Grundstruktur wird Kevin Brooks’ Roman dadurch zu einem Western, in dem es um die verschlungenen Wege der Gerechtigkeit geht, um den Respekt gegenüber den Toten und vor allem um die Wiederherstellung der Ordnung durch Gewalt. Und wie im Western führt Coles Weg zur Restabilisierung seiner Welt geradewegs an Recht, an Rechtsprechung und an dem vorbei, was man im allgemeinen unter moralischem Handeln versteht. Ebenso wie die im Dorf von Grundstücksspekulanten geschaffene korrupte „Ordnung“.
Vor diesem Hintergrund wirft Brooks die Frage auf, inwieweit es denn legitim ist, zur Durchsetzung seiner moralischen Werte Gewalt einzusetzen. Klar, dass die Dorfbewohner im Unrecht sind, aber was ist mit Coles Ansinnen, unter allen Umständen den Mörder seiner Schwester zu finden – und sei es um den Preis, selbst zu morden? Wer sich seiner moralischen Integrität sicher zu sein glaubt, den zwingt die Geschichte, dieses theoretisch gefällte Urteil immer wieder an der Praxis zu messen und genauere und ehrlichere Antworten auf diese Frage zu finden.
Brooks erzählt die Geschichte von Rubens und Coles Ausfahrt auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Durch Rubens Augen und mit dessen Sprache formuliert Brooks für die albtraumartigen Kulisse des düsteren Dartmoor literarisch aufsehenerregende Beschreibungen von Landschaften, Menschen und Situationen in einer metaphorischen, alle Sinne beteiligende und fesselnden Sprache. Die zweite, die Handlungsebene des Romans ist Coles Domäne, in der unbeschreiblich gewalttätige Kämpfe vorherrschen. Brooks setzt wohl kalkulierte, scharfe Kontraste zwischen der bildreichen Sprache in den beschreibenden Passagen und den wortkargen und derben Dialogen und den Kampfszenen.
Spätestens hier wird deutlich, was der Übersetzer Uwe-Michael Gutzschhahn zur Preiswürdigkeit des Buches beiträgt. Denn Brooks’ sprachlich ausgefeiltes Konzept übersetzte er gekonnt und stimmig ins Deutsche. Bei der Schilderung der Kämpfe entfaltet Gutzschhahn eine Wucht, die ebenso erbarmungslos ist wie die dargestellt Gewalt; in den Beschreibungen schafft seine Sprache eine verhängnisvolle, düstere Spannung.
Ruben und Cole finden den Mörder ihrer Schwester – ihr Mord war tragischer Weise ein Versehen, eine Verwechslung. Der Preis ist hoch und die Frage nach seiner Legitimität werden sich die Leser, die sich einem solchen Roman zu stellen vermögen, noch lange nach der Lektüre dieser emotional, literarisch und moralisch herausfordernden Erzählung stellen.

MEHR

Personen

Autor
studierte in Birmingham und London. Er war bereits mehrfach für den  Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und wurde 2006 von der Jugendjury für seinen Roman Lucas ausgezeichnet. 2009 erhielt er den Deutschen Jugendliteraturpreis für The Road of the Dead in der Sparte Jugendbuch der Kritikerjury.
Übersetzer

geboren 1952, studierte Anglistik und Germanistik. Er war in diversen Verlagen tätig und lebt heute als Autor, Übersetzer, Herausgeber, freier Lektor und Agent in München. Er wurde bereits mehrfach mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, 2018 erhielt er den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für sein übersetzerisches Gesamtwerk.

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