Cover: Das Rätsel der Varusschlacht 9783771643799

Das Rätsel der Varusschlacht

Archäologen auf der Spur der verlorenen Legionen

Wolfgang Korn (Text),
Klaus Ensikat (Illustration)


Fackelträger Verlag
ISBN: 978-3-7716-4379-9
19,95 € (D)
Originalsprache: Deutsch
Preisträger 2009, Kategorie: Sachbuch
Ab 12 Jahren
Preisträger Sachbuch

Jurybegründung

Deutscher Jugendliteraturpreis 2009
Jurybegründung zum Preisträger Sparte Sachbuch (Langfassung)

Wenn Wissenschaft zum Genuss wird und Exkurse nicht nerven
„Und welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus?“ (S. 185)

Dieser Satz ist das Leitmotiv dieses Geschichtskrimis. Es geht dem Autor Wolfgang Korn um die Frage: Was wissen wir wirklich über die Schlacht zwischen den Truppen des Arminius und des Varus im Jahre 9 nach Christus? Zwei Parteien, also zwei wissenschaftliche Disziplinen, die gegensätzlicher nicht sein können, befassen sich mit dieser Frage: Der Historiker sitzt zwischen seinen Büchern in der Bibliothek und schlussfolgert aus den gelesenen Quellen. Der Archäologie buddelt im Erdreich und schlussfolgert aus den Funden und Befunden, die er in seinen erdigen Händen hält. Der eine also liest Quellen von zumeist befangenen Autoren, die er erst einer quellenkritischen Untersuchung unterziehen muss. Der andere untersucht tatsächlich greifbare Reste von Artefakten vergangener Zeit, die ihm von Leben der Menschen erzählen.
Erfrischend unterhaltsam beschreibt Korn eingangs dieses ganz besonderen Sachbuches die Vorgehensweisen der beiden so verschiedenen Wissenschaften und fast karikaturistisch setzt Klaus Ensikat diese unterschiedlichen Zugänge um: Wir sehen eine Bibliothek, in der hemdsärmelige Archäologen ihre Grabungsfunde auswerten. In der andere Ecke sitzen zwischen hohen Bücherregalen sechs teils lesende, teil diskutierende Historiker. Über allem thront eine den Betrachter fixierenden historische Büste mit abfällig oder doch zumindest mäkelig herunter gezogenen Mundwinkeln. Auf dem Buchumschlag und seinem Inneren finden wird dann noch eine Illustration der Arächologen, die in Ensikats Bild unmittelbar neben dem historischen Kampfgeschehen in der Erde zu graben scheinen Witz und Ironie kennzeichnen neben unterhaltsamer Gelehrsamkeit Das Rätsel der Varusschlacht von der ersten Seite an.
Beschwingt und wie mit Verve in ein Diktiergerät gesprochen, damit behäbiges Schreiben den flotten Erzählfluss nicht bremst, lesen sich Wolfgang Korns Ausführungen zu den Fakten – den unzweifelhaften und den zweifelhaften – über die Varusschlacht und darüber, welche Disziplin welche Meinungen vertritt. Sie münden in seine eigene Geschichtsschreibung, die nach einigen Überlegungen zum geeigneten Zeitpunkt für den Start der Reise in die Vergangenheit bei Cäsar beginnt und über alle Jahrhunderte bis in unsere Zeit reicht: Als Korn sein Buch beendet, dauern am Kalkriesen noch Ausgrabungen fort, die weiteren Aufschluss über die Varusschlacht versprechen.
Machtgelüste von Herrschern, perspektivisch verzerrte Darstellungen römischer Historiker, Wissenschaftsintrigen vergangener Jahrhunderte – in zahlreichen Exkursen legt Korn selbst wie ein Archäologe sorgsam Schicht für Schicht der Historiographie zur Varusschlacht frei und zeigt, dass die Geschichtsschreibung selbst wiederum nur quellenkritisch zu lesen ist.
Von der ersten bis zur letzten Seite versteht es der Autor detektivisch genau, humorvoll und mit oft ironischer Distanz zu beschreiben, wie Historiker und Archäologen versuchen, die Varusschlacht zu rekonstruieren. Immer wieder ermuntert er seine Leser, kritisch über wissenschaftliche „Beweise“ nachzudenken. Alles in allem liefert Wolfgang Korn den Lesern einen verständlich geschriebenen Forschungsdiskurs, der die Arbeit der konkurrierenden Disziplinen der Historie und der Archäologie kritisch auslotet und dabei auch noch zahlreiche interessante Erkenntnisse über die römische und germanische Geschichte vermittelt. Aber was wäre dieses Buch ohne seine Illustrationen, die Text und Bild zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen lassen? Klaus Ensikats geniale Tuschezeichnungen veranschaulichen detailreich die Vergangenheit und schaffen zugleich eine eigene Ebene der Ironie. Ob Ensikat Artefakte abbildet, Kampfszenen darstellt, uns verknorzelt-knollennasige Germanen vorführt oder stillebenhafte Szenerien skizziert – stets fügt sein charakteristischer Strich dem Text Maßgebliches hinzu. Einmal sind es historische Akkuratesse und Detailtreue, die überzeugen, ein andermal der augenzwinkernde Witz der Bildkomposition oder die Wahl dessen, was dargestellt wird, wie beispielsweise eine höchste gesellig wirkende Latrinenszene.
Immer gehen Text und Bild auf eine Weise zusammen, die in diesem sorgfältig recherchierten Sachbuch Informationsvermittlung, emotionale Ansprache und die Aufforderung zum Selbst-Denken in optimaler Weise verbindet und ein einzigartiges und didaktisch innovatives Sachbuch schafft, das über die Darstellung des historischen Ereignisses der Varusschlacht hinaus vorführt, wie man zur eigenen Erkenntnis gelangt.
 

Deutscher Jugendliteraturpreis 2009
Jurybegründung zum Preisträger Sparte Sachbuch (Langfassung)

Wenn Wissenschaft zum Genuss wird und Exkurse nicht nerven
„Und welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus?“ (S. 185)

Dieser Satz ist das Leitmotiv dieses Geschichtskrimis. Es geht dem Autor Wolfgang Korn um die Frage: Was wissen wir wirklich über die Schlacht zwischen den Truppen des Arminius und des Varus im Jahre 9 nach Christus? Zwei Parteien, also zwei wissenschaftliche Disziplinen, die gegensätzlicher nicht sein können, befassen sich mit dieser Frage: Der Historiker sitzt zwischen seinen Büchern in der Bibliothek und schlussfolgert aus den gelesenen Quellen. Der Archäologie buddelt im Erdreich und schlussfolgert aus den Funden und Befunden, die er in seinen erdigen Händen hält. Der eine also liest Quellen von zumeist befangenen Autoren, die er erst einer quellenkritischen Untersuchung unterziehen muss. Der andere untersucht tatsächlich greifbare Reste von Artefakten vergangener Zeit, die ihm von Leben der Menschen erzählen.
Erfrischend unterhaltsam beschreibt Korn eingangs dieses ganz besonderen Sachbuches die Vorgehensweisen der beiden so verschiedenen Wissenschaften und fast karikaturistisch setzt Klaus Ensikat diese unterschiedlichen Zugänge um: Wir sehen eine Bibliothek, in der hemdsärmelige Archäologen ihre Grabungsfunde auswerten. In der andere Ecke sitzen zwischen hohen Bücherregalen sechs teils lesende, teil diskutierende Historiker. Über allem thront eine den Betrachter fixierenden historische Büste mit abfällig oder doch zumindest mäkelig herunter gezogenen Mundwinkeln. Auf dem Buchumschlag und seinem Inneren finden wird dann noch eine Illustration der Arächologen, die in Ensikats Bild unmittelbar neben dem historischen Kampfgeschehen in der Erde zu graben scheinen Witz und Ironie kennzeichnen neben unterhaltsamer Gelehrsamkeit Das Rätsel der Varusschlacht von der ersten Seite an.
Beschwingt und wie mit Verve in ein Diktiergerät gesprochen, damit behäbiges Schreiben den flotten Erzählfluss nicht bremst, lesen sich Wolfgang Korns Ausführungen zu den Fakten – den unzweifelhaften und den zweifelhaften – über die Varusschlacht und darüber, welche Disziplin welche Meinungen vertritt. Sie münden in seine eigene Geschichtsschreibung, die nach einigen Überlegungen zum geeigneten Zeitpunkt für den Start der Reise in die Vergangenheit bei Cäsar beginnt und über alle Jahrhunderte bis in unsere Zeit reicht: Als Korn sein Buch beendet, dauern am Kalkriesen noch Ausgrabungen fort, die weiteren Aufschluss über die Varusschlacht versprechen.
Machtgelüste von Herrschern, perspektivisch verzerrte Darstellungen römischer Historiker, Wissenschaftsintrigen vergangener Jahrhunderte – in zahlreichen Exkursen legt Korn selbst wie ein Archäologe sorgsam Schicht für Schicht der Historiographie zur Varusschlacht frei und zeigt, dass die Geschichtsschreibung selbst wiederum nur quellenkritisch zu lesen ist.
Von der ersten bis zur letzten Seite versteht es der Autor detektivisch genau, humorvoll und mit oft ironischer Distanz zu beschreiben, wie Historiker und Archäologen versuchen, die Varusschlacht zu rekonstruieren. Immer wieder ermuntert er seine Leser, kritisch über wissenschaftliche „Beweise“ nachzudenken. Alles in allem liefert Wolfgang Korn den Lesern einen verständlich geschriebenen Forschungsdiskurs, der die Arbeit der konkurrierenden Disziplinen der Historie und der Archäologie kritisch auslotet und dabei auch noch zahlreiche interessante Erkenntnisse über die römische und germanische Geschichte vermittelt. Aber was wäre dieses Buch ohne seine Illustrationen, die Text und Bild zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen lassen? Klaus Ensikats geniale Tuschezeichnungen veranschaulichen detailreich die Vergangenheit und schaffen zugleich eine eigene Ebene der Ironie. Ob Ensikat Artefakte abbildet, Kampfszenen darstellt, uns verknorzelt-knollennasige Germanen vorführt oder stillebenhafte Szenerien skizziert – stets fügt sein charakteristischer Strich dem Text Maßgebliches hinzu. Einmal sind es historische Akkuratesse und Detailtreue, die überzeugen, ein andermal der augenzwinkernde Witz der Bildkomposition oder die Wahl dessen, was dargestellt wird, wie beispielsweise eine höchste gesellig wirkende Latrinenszene.
Immer gehen Text und Bild auf eine Weise zusammen, die in diesem sorgfältig recherchierten Sachbuch Informationsvermittlung, emotionale Ansprache und die Aufforderung zum Selbst-Denken in optimaler Weise verbindet und ein einzigartiges und didaktisch innovatives Sachbuch schafft, das über die Darstellung des historischen Ereignisses der Varusschlacht hinaus vorführt, wie man zur eigenen Erkenntnis gelangt.
 

MEHR

Personen

Text
1958 geboren, arbeitet als Autor und Dozent in Hannover. Er schreibt über Archäologie und Geschichte u.a. für Die Zeit, Die Weltwoche, Mare, Damals und Geo.
Illustration
1937 geboren, studierte an der Berliner Hochschule für angewandte Kunst. Er war Professor an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg. 1996 wurde er mit dem Hans Christian Andersen-Preis ausgezeichnet.
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